Montag, 4. März 2019

Judith Bellaiche berichtet aus dem Kantonsrat

Heute war Einzelinitiativen-Tag: dieses Instrument steht allen Stimmbürgern offen zur Anbringung ihrer Anliegen in das Parlament. Häufig werden diese nur sehr summarisch behandelt, da sie zu oft Partikulärinteressen betreffen oder unrealistische Forderungen beinhalten.

 

Sport als Promotionsfach an der Sek II

Das aussichtsreichste Geschäft war die Einzelinitiative eines pensionierten Mathematiklehrers, der Sport zum Promotionsfach machen wollte. Wie üblich bei Schulvorlagen waren sich die meisten Fraktionen auch hier nicht einig. Einige sahen darin eine Verwässerung der Notengebung und forderten, der Fokus solle auf den wichtigsten Fächern beharren. Andere sahen eher einen Chancenausgleich für sportliche Schüler (insbesondere Jungen), ohne die wichtigen Promotionsfächer Deutsch und Mathe zu gefährden. Insbesondere, weil auch Musik und bildnerisches Gestalten bereits (zusammen) als Promotionsfächer gelten. Auch die glp war sich nicht einig und beschloss Stimmfreigabe. Letztlich fehlte dem Initianten 10 Stimmen, und die Initiative wurde nicht unterstützt.

 

Mehr Wettbewerb und günstige Prozessführung

Unser «181-ster Kantonsrat», ein notorischer Einreicher von Einzelinitiativen, forderte eine Lockerung der Zulassung zu Prozessen. Künftig sollten in manchen Rechtsfällen auch Personen ohne Anwaltspatent für die Vertretung von Geschäften zugelassen werden. Das Geschäft war in allen Fraktionen intensiv diskutiert worden. Immerhin ging es hier um eine hoheitliche Berufsanerkennung. Bei der glp fand die EI aus einem liberalen Gesichtspunkt durchaus Sympathien. Aber der Initiant missbrauchte mit seinem nicht enden wollenden Votum den Parlamentsbetrieb und verlor sich dermassen in allgemeinen Plattitüden über andere politische Themen, dass ihm nicht die gesamte Fraktion folgen wollte. Die Initiative blieb ohnehin chancenlos.

 

Aufbau eines Cloud-Rechenzentrums

Interessant aber umstritten war eine Einzelinitiative, welche die Einrichtung einer staatlichen Cloud-Lösung fordert. Die Gegner machten geltend, dass das Angebot an Cloud-Lösungen am Markt durchaus ausreiche und der Aufbau einer eigenen Cloud überflüssig sei, zumal die Sicherheit schwierig zu bewerkstelligen sei. Die glp befand den Vorschlag prüfenswert, weil der Kanton eine Grösse erreicht habe, die eine eigene Lösung rechtfertige. Damit wollten wir den Entscheid nicht vorwegnehmen, aber zumindest eine Evaluation ermöglichen. Zusammen mit der SP kamen wir dann nur auf 45 Stimmen, womit die Einzelinitiative scheiterte.

 

Verabschiedung von Doppelbürger*innen

Mit gerade 3 Stimmen (alle SVP) blieb eine Einzelinitiative chancenlos, die das Doppelbürgertum in der Schweiz abschaffen wollte.

 

Standesinitiative für Moratorium von Poststellenschliessung

Das letzte Geschäft betraf eine Parlamentarische Initiative, die die Einreichung einer Standesinitiative forderte, damit die Post keine Poststellen schliessen mehr dürfen. Betreffend Poststellenschliessung kann man geteilter Meinung sein. Manche fordern einen flächendeckenden Service Public, andere sind mit Poststellenagenturen besser bedient als zuvor mit Postbüros. Schliessung hin oder her – hier geht es eindeutig um ein Thema, das beim Bund angesiedelt und nicht im Kantonsrat angesiedelt ist. Aus diesem Grund lehnte die glp Fraktion die Initiative grossmehrheitlich ab. Letztlich überwog jedoch das Service Public Argument, und die PI wurde mit 104 Stimmen vorläufig unterstützt.